Tessen

Plan der Kleinstadt Tessen aus dem Roman "Lilits Töchter", 1862 (Aquarell, Christiane Wachsmann)

Die Stadt Tessen mit ihren Türmen zog sich bis hinab in die Auen eines kleinen Flusses. Zwei hohe Schornsteine erhoben sich dort unten und bliesen dunkle Wolken in den Sommerhimmel. Ob sie beide dem Fabrikanten Marl gehörten?

Christiane Wachsmann, Lilits Töchter, 3. Kapitel

Leles Geschichte spielt in dem fiktiven Ort Tessen im damals real existierenden Herzogtum Nassau (1806-1866). Die kleine Stadt wird durchflossen vomWispenbach, der in die Blasse mündet, einem Fluss, der an dem ebenfalls fiktiven Ort Blassemünde in den Rhein fließt. Hier dockt die ausgedachte an die reale Landschaft an: an die Nassauische Rheinbahn, deren nördlichster Haltepunkt der Ort Oberlahnstein war.

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts begannen sich die Städte zu ändern. Neue Gewerbezweige entstanden. Menschen kamen aus dem Umland, um in den Fabriken zu arbeiten. Die überkommenen sozialen Gefüge lösten sich auf: Während das Bürgertum erstarkte und zunehmend Wohlstand anhäufte, verelendeten die Fabrikarbeiter.

Die alten Mauern, die sie noch zu napoleonischen Zeiten vor feindlichen Angriffen geschützt hatten, behinderten nun die Erweiterung und wurden abgerissen. Flüsse als Transportwege wurden von den Eisenbahnen abgelöst, es gab erste Gasbeleuchtungen.

Auch in Tessen ist ein großer Teil der Mauer geschliffen. Nur im oberen Teil der Stadt steht sie noch als Ruine. Dahinter wurde ein Park und der Turnplatz angelegt, auf dem Lehrer Blume mit seinen Schülern und auch den Schülerinnen trainiert.

Ursprünglich bestand Tessen aus zwei kleineren Nachbarstädten. Die untere Stadt, Bilmen, gehörte zu dem Herrschaftssitz auf der Insel in der Blasse, von dem aber in der Zeit von Leles Geschichte nur noch wenige Ruinen erhalten sind. An der Stelle des Annenmarktes befand sich lange Zeit eine Mulde mit einem kleinen See darin, „Testum“ (Schale, Tiegel) genannt, an dem allerhand heidnische Bräuche praktiziert wurden — bis der damalige Burgherr ihn zuschütten und eine Kirche samt Kloster dort erbauen ließ. Dort entwickelte sich eine Ansiedlung, die später zur Namensgeberin der seit 1214 vereinigten Stadt wurde.


Schreibe einen Kommentar