Meier und Müllerinnen

Plan des fiktiven Dorfes Hegentrup im Tal der Nixe mit Schwarzem Felsen, Mühlhof und Mühlteich, Meierhof, Schulhaus und anderen Gebäuden. Zeichnung: Christiane Wachsmann

Als wären die Müller auf der Nettelmühle je gewöhnliche Bauern gewesen! Seit Menschengedenken waren sie freie Leute, während selbst die Besitzer des Meierhofes einem Grundherren unterstanden. Doch diesen Unterschied machten sie nicht in der Stadt, man konnte es niemandem begreiflich machen. Christiane Wachsmann, Elsa Anni, Kapitel „Schreib es auf“

Die Landkarte zeigt das Dorf Hegentrup im Nixental, wie es Ende der 1960er Jahre aussah: Von der ursprünglichen Siedlung sind nur noch der Mühlhof (1), Frieder Meiers Werkstatt (9) und einige Siedlerhäuser (8) übrig geblieben.
Wieder aufgebaut wurde das Schulhaus (13), zwei Neubauten kamen hinzu: Das hypermoderne Glaskastenhaus der Familie Meier (6) und der neue Pferdestall (4).

Orte und ihre Namen

Der (fiktive) Ort Hegentrup liegt in einem der langgezogenen Täler des Teutoburger Waldes. Viele Orte enden dort und im Weserbergland auf der Silbe „-trup“, was so viel wie „Dorf“ heißt. Dem vorweg ist oft ein Personenname gestellt, Hegentrup hieß in früheren Zeiten einmal Haganrincistorpe, nach einem Herrn namens Hagen.

Zwei Bäche durchfließen, neben zahlreichen Rinnsalen, das Tal: die Reetebeke (Rietbach) und die Nettelbeke (Nesselbach), dem auch die Mühle ihren Namen verdankt.

Von hier aus führt eine – inzwischen sehr verfallene – Straße in die Kleinstadt Luitgen, was aus niederdeutsch „klein“ heißt und auf der anderen Talseite hinunter nach Brede (Breite), eine etwas größere Stadt, die an der alten Heerstraße liegt.

Meier

Meier und Müllerinnen stellen im Nixental zwei polare, mitunter rivalisierende, dann wieder zusammengehende Kräfte dar. Im Jahr 1968 sind es Wilhelm Meier zu Hegentrup und Anni Wittke, die Tochter der letzten Müllerin, die die Geschicke des Tals bestimmen.

Der Begriff „Meier“ leitet sich von lateinisch maior (größer, höher) ab. Die Meier waren in der der feudalen Gesellschaft dieser Gegend ursprünglich Vertreter der adligen oder geistigen Grundherren. Sie verwalteten deren Grundbesitz und waren von ihnen abhängig. Später wurden sie zu selbständigen Bauern.
In Lippe und Westfalen lassen sich diese Familien teilweise bis ins 13. Jahrhundert verfolgen, sie fügten ihrem Namen denjenigen der Ortschaft zu, der sie angehörten: So auch die Meier zu Hegentrup.

Müller

Müller gelten in Märchen und Sagen oft als zwielichtig oder besonders klug, oft werden ihnen Zauberkräfte zugeschrieben. Das hing unter anderem mit dem technischen Wissen zusammen, das sie besaßen: Sie konnten die Wasserkraft bändigen, um damit Korn zu mahlen.

Auch die Lage ihrer Gebäude außerhalb der Dörfer sorgten für eine Sonderstellung in den Gemeinden.

Die Besitzer der Nettelmühle führten ihre Herkunft auf den Grafen von Nettelstein zurück. Sie waren seit jeher freie Leute, die über ihren eigenen Besitz verfügten. Die Burg der Nettelsteiner lag oberhalb der Mühle am Schwarzen Felsen, ist aber schon vor langer Zeit wüst gefallen. Den Frauen der Familie sagte man eine besondere Beziehung zur Nixe zu, die seit langer Zeit im Tal verehrt wurde und deren Heiligtum sich unterhalb des Schwarzen Felsens befand.

Aquarellierte Zeichung. Der Mühlhof im Hegentruper Tal. Zeichnung: Christiane Wachsmann
Mühlhof im Hegentruper Tal

Der Mühlhof

Die erste Mühle wurde bereits um das Jahr 800 im Nixental errichtet. Sie hatte noch ein unterschlächtiges Rad, das von dem darunter herströmenden Bach angetrieben wurde. Die technische Neuerung brachte einer der Grafensöhne, der nach alter Tradition in die Welt hinaus gewandert war.

Das Mühlgebäude selbst mit seinem beeindruckenden steinernen Untergeschoss entstand im Lauf des 13. Jahrhunderts und zeugt von der Wohlhabenheit der Müller.

Erste Erwähnungen

Erstmals erwähnt wird die Hegentruper Mühle 1397, als der Graf von Nettelstein dem Lemgoer Augustinerkloster den Zehnten von der Mühle zum Kauf von Wein und Oblaten schenkte: Die Müller mussten zwar diese Abgaben zahlen, Grund und Gebäude gehörten ihnen aber nach wie vor selbst.

Ein Jahr später kam es zu einem Rechtsstreit zwischen den Müllern und den Meiern im Tal: Der Meier Henke to Haganrincs­torpe wollte einen Fischteich anlegen, der Müller Cord zu der Nettelmöhlen beanspruchte die Fischrechte daran für sich und machte außerdem geltend, der Meier grabe ihm das Wasser ab. Informationen darüber, wie der Streit ausging, gibt es nicht mehr.

Wilhelm Meier zu Hegentrup aber ist im Jahr 1968 sehr stolz auf diese erste urkundliche Erwähnung seiner Familie.


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